Immer wieder liest man im Internet, in Büchern und auch bei Bäckereien das Backwaren mit Urgetreiden, Dinkel oder 2ab Weizen besser verträglich für Zöliakiebetroffene sein sollen weil sie angeblich weniger weniger Gluten enthalten oder sogar glutenfrei sein sollen. Leider ist das falsch und führt teilweise zu bösen Glutenunfällen. Wir haben für euch einige Informationen zu diesem Thema gesammelt, die euch helfen soll die Informationen die ihr woanders lest besser einzuschätzen. Grundsätzlich ist hierbei auch das Thema FODMAP und ATI zu berücksichtigen, wo aktuell allerdings noch geforscht wird. Sollte euch jemand Falschinfos geben, dürft ihr gerne den Artikel verlinken.
Inhaltsverzeichnis
- Der Hype um „glutenfrei“
- Gerüchte und Falschinfos
- 1. Falschinfo „Urgetreide enthält weniger Gluten als moderner Weizen“
- Und somit sind auch langgeführte Teige bzw. Sauerteige aus glutenhaltigen Getreiden nichts für Zöliakiebetroffene!
- Video zum Thema Glutengehalt im Weizen
- Glutengehalt von Getreiden und Urgetreiden
- Unser Lesetipp
- 2. Falschinfo „Backwaren aus Roggen oder Dinkel sind für Zöliakiebetroffene geeignet“
- 3. Falschinfo „Backwaren mit 2ab Weizen sind für Zöliakiebetroffene geeignet“
- 4. Falschinfo – Produkten wird Weizen zugemischt um die Bevölkerung abhängig und dumm zu machen!
Der Hype um „glutenfrei“
In den letzten Jahren ist das Thema glutenfrei in den Medien immer mehr in den Mittelpunkt gekommen. Zum einen hat es natürlich den Vorteil, da nun endlich auch die Autoimmunerkrankung Zöliakie bekannter wird, aber leider springen viele Unternehmen auf den Hype auf und sprechen vor allem die „Trend-Glutenfrei Esser“ an.
Der Weizen wird verteufelt da er angeblich Dumm macht und viele Fitness und Abnehmfanatiker ernähren sich glutenfrei in Teilzeit.
Neue Produkte kommen auf den Markt, die sich aber teilweise an diese Trend-Zielgruppe richten um temporär und schnell Geld zu machen. Leider wird oftmals der Zöliakiebetroffene, der sich eben nicht freiwillig glutenfrei und nicht nur glutenarm ernähren muss, vergessen.
Die Begriffe Unverträglichkeit, Sensitivität und Allergie werden auch in vielen Berichten und Beiträgen als Synonym verwendet. Dabei sind es komplett unterschiedliche Typen an Erkrankungen.
Es gibt übrigens keine „Gluten Allergie“ !
Der korrekte Begriff ist „Weizen Allergie“ bei der eine immunologische Reaktion gegenüber mehreren – der über hundert vorhandenen – Proteinen im Weizen stattfindet .
Wenn du eine Weizenallergie hast, musst du auf jegliche Form von Weizen verzichten, hast aber keine Probleme mit Gluten von anderen Nicht-Weizen Getreiden z.B. Dinkel oder Roggen .
Es ist aber auch möglich das man eine Weizenallergie UND eine Zöliakie oder eben eine Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität (NCGS) hat. Das kann man allerdings nur nur durch einen Arzt feststellen lassen.
Deshalb ist es so wichtig die Tipps zur korrekten Diagnose von Zöliakie einzuhalten und eben NICHT einfach grundsätzlich auf glutenhaltiges Getreideprodukte zu verzichten.
Quellen:
https://gluten.org/category/getting-started/, Stand : 27. Juni 2019
https://www.allergieinformationsdienst.de/immunsystem-allergie/stoerungen-des-immunsystems.html , Stand: 15. November 2018
Gerüchte und Falschinfos
Wir haben hier mal einige Gerüchte und Fehlinfos zum Einsatz und der Verträglichkeit und dem Glutengehalt von Getreiden aufgeführt, die immer wieder bei uns in der Facebookgruppe gepostet werden und die wir dann immer wieder aufklären.
Langjährige Zöliakie Austausch Mitglieder werden diese Mythen und Falschinfos immer wieder Lesen.
Wir haben unser Quellen hier auch immer erwähnt. Dabei versuchen wir Informationen anhand verschiedener Quellen gegenzuprüfen.
1. Falschinfo „Urgetreide enthält weniger Gluten als moderner Weizen“
Bereits in Bayern wurde 2015 vom KERN Bayern (Kompetenzzentrum für Ernährung) der Glutengehalt von Getreiden geprüft. Schon damals wurde bestätigt, das die Werte an Gluten auch in den alten Getreidesorten teilweise über dem des Weizen liegen oder nur geringfügig weniger sind.
Quelle:, KERN Flyer Gluteninhalt , https://www.kern.bayern.de/wissenschaft/114852/index.php
Auch im Jahr 2016 wurde die Aussage bezüglich des Glutengehalts in einer Studie widerlegt „Wheat and the irritable bowel syndrome – FODMAP levels of modern and ancient species and their retention during bread making“ . Dort wurde festgestellt das die Art der Verarbeitung des Teiges einen Einfluß auf die Verträglichkeit haben kann. Die bessere Verträglichkeit gilt allerdings nur für Personen mit dem Reizdarmsyndrom (IBS – Irritable Bowel Syndrome). Bei längerer Teigführung werden die FODMAPS (Link zu Studie der Uni Hohenheim „FODMAP-Gehalte im Brot sind gering und können durch Rohstoffauswahl und Teigführung weiter reduziert werden“) abgebaut und der Darm kann die Backwaren besser verarbeiten. Dies hat aber nichts mit dem Glutengehalt zu tun.
Und somit sind auch langgeführte Teige bzw. Sauerteige aus glutenhaltigen Getreiden nichts für Zöliakiebetroffene!
Quelle: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1756464616301463?via%3Dihub
Leider werden solche Studienergebnisse oft falsch interpretiert und falsch wiedergegeben.
Hier ein Online Artikel zum Thema „Ist „Urgetreide“ bekömmlicher als Weizen?“ aus der Süddeutschen Zeitung bereits vom 06. September 2016 .
Als wissenschaftliche Referenz wird Prof. Dr. Wolfang Holtmeier , ein anerkannter Spezialist zum Thema Zöliakie, befragt.
Seine Aussage dazu : „Da wird ziemlich viel Humbug getrieben“.
Auch die Universität Hohenheim konnte in einer Studie keinen wissenschaftliche Nachweis über erhöhten Glutengehalt finden. Auch Dr. Schuppan hat an Studien teilgenommen ums den Einfluß der ATI bei einer Weizensensitivität zu erforschen.
https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?&tx_ttnews[tt_news]=26627&cHash=0a181b0a9d3287c4db224d5b9db6c1cd
Forschungsthemen der Uni Hohenheim https://health.uni-hohenheim.de/glutenintoleranzweizenallergiezliakie–de
Video zum Thema Glutengehalt im Weizen
ARD Mediathek, „betrifft“ , Beitrag vom 8.5.2019 , Dr. sc. agr. Friedrich Longin, Universität Hohenheim.
Ab Minute 9:50 wird von ihm erklärt das moderner Weizen weniger Gluten hat als manche Urgetreide. https://www.ardmediathek.de/swr/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEwNjc5MjA/
Und hier noch ein Video „Macht Weizen krank?“ Odysso, https://www.swr.de/odysso/macht-weizen-krank/-/id=1046894/did=15692006/nid=1046894/dlxpe8/index.html
Glutengehalt von Getreiden und Urgetreiden
Auch wissenschaftlich wurde schon der Glutengahlt bestimmt. Hier mal einige Glutenwerte
Die Werte könne je nach verwendeten Mahlgraden beim Mehl gering abweichen.
Vollkornmehl aus | Glutengehalt per 100 Gramm |
---|---|
Emmer | 10, 1 g |
Dinkel | 9,5 g |
Grünkern | 9,0 g |
Weizen | 8,3 g |
Gerste ( ganzes Korn) | 5,6 g |
Roggen | 3,2 g |
Quellen:
https://praxistipps.focus.de/emmer-so-viel-gluten-enthaelt-das-zweikorn_107829
https://de.wikipedia.org/wiki/Gluten
https://www.kern.bayern.de/presse/117367/index.php
Khorasan Weizen oder auch Kamut ist eine alte Sorte des Weizen und ebenfalls auf keinen Fall bei Zöliakie zu verwenden.
Links: https://de.wikipedia.org/wiki/Khorasan-Weizen
Unser Lesetipp
Wer sich zum Thema Gluten und Weizen beschäftigen will, sollte sich das Fachbuch „Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI“ (Amazon Affiliate Link) von Prof. Dr Schuppan besorgen. Darin wird wissenschaftlich fundiert erklärt wie der aktuelle Stand der Wissenschaft zu diesem Thema ist und woran Dr. Schuppan forscht. Es ist nämlich oftmals gar nicht das Gluten das Probleme verursacht.
2. Falschinfo „Backwaren aus Roggen oder Dinkel sind für Zöliakiebetroffene geeignet“
Glutenfrei zählt ein Produkt erst dann wenn es unter 20 ppm (Parts per Million) Gluten enthält. Das heisst in einem Kilogramm glutenfreien Lebensmittel dürfen maximal 0,02 Gramm (20 Milligramm) Gluten enthalten sein.
Wenn nun schon in 100 Gramm Mehl im minimalsten Fall 3000 Milligram Gluten (das ist das 150-fache des erlaubten Wertes) enthalten sind, könnt ihr euch vorstellen das Produkte mit den aufgeführten Getreiden auf keinem Fall für Zöliakiebetroffene geeignet sind.
Es gibt Menschen mit Weizensensitivität (nach erfolgtem Ausschluß von Zöliakie) oder Weizenallergie. Sollte diese vorliegen können Roggen- und Dinkelprodukte bekömmlich sein. Klärt aber vor einem Genuss der Produkte unbedingt ab, ob keine Zöliakie vorliegt und lasst eine mögliche Allergie beim Allergologen abklären.
Nochmals zusammengefasst:
Bei Zöliakie sind Backwaren mit Roggen oder Dinkel ein absolutes „No-Go“ !
Quellen siehe oben
3. Falschinfo „Backwaren mit 2ab Weizen sind für Zöliakiebetroffene geeignet“
Lasst euch nicht verwirren. Produkte die so beworben werden, dürfen NICHT bei Zöliakie genommen werden.
Leider werden Produkte auf dieser Basis in Bäckereien angeboten und dann fälschlicherweise vom Personal als glutenfrei bezeichnet.
Schon seit mehren Jahren laufen Forschungen, die die Verträglichkeit von Getreiden der Weizenfamilie bei Weizenallergie bzw. Weizensensitivität untersuchen. Aber außer „könnte“, „wahrscheinlich“ oder „es ist möglich“ gibt es keine schriftlichen Ergebnisse.
Die Begriffe A, B oder D Gluten sind übrigens Begriffe, die es in der Wissenschaft – nach unserem Wissen – nicht gibt. Sie wurden von einem Unternehmen erfunden das diesen 2ab Weizen und das spezielle Mehl herstellt und an Bäckereien verkauft, die daraus „verträgliche“ Produkte herstellen.
Nochmals zusammengefasst:
Bei Zöliakie sind Backwaren mit dieser Zutat ein absolutes „No-Go“ !
Quellen: https://www.ernaehrungsmedizin.blog/2017/08/15/ur-weizen-als-hilfe-bei-weizensensitivitaet/
4. Falschinfo – Produkten wird Weizen zugemischt um die Bevölkerung abhängig und dumm zu machen!
Mmhhh … ja was sollen wir dazu sagen …. ?
Wenn ihr solche solche Aussagen im Internet lest dann ignoriert sie einfach.
Auch vom Kauf von Büchern die solche oder ähnlich Behauptungen aufstellen raten – nicht nur – wir ab!
Link https://www.ugb.de/ernaehrungsberatung/weizen-gluten-allergie/?gluten-weizen Quelle: Fischer J: UGBforum 1/15, S. 10-12
Wenn in unsere Facebookgruppe solche Theorien (meistens vor oder nach Vollmond, bei Ebbe und manchmal auch bei Flut oder an besonders heißen und machmal auch an kalten Tagen ) aufgestellt werden, versuchen wir dies sachlich zu erklären aber leider lassen sich die Beitragsersteller nicht überzeugen. Uns bleibt dann nichts anderes als ihnen den Weg aus der Gruppe zu zeigen.
Solltet ihr Personen kennen die das sagen oder denken, könnt ihr gerne folgende Grafik weiterschicken oder verlinken.
Habt ihr noch Unklarheiten oder seid ihr euch unsicher? Kommt einfach in unsere Facebookgruppe Zöliakie Austausch.
Dort werden solche Sagen, Mythen und Unwahrheiten ganz schnell aufgeklärt.
Eine seriöse Quelle ist auch die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) die euch mit ihrem kompetenten wissenschaftlichen Team unterstützen kann. Die Kontaktdaten findet ihr auf deren Homepage.
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